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Jahresbericht 2015 des Waisenhauses in Matadi
Lieber Herr Kurt

Erst vorgestern haben wir die Trauerzeit abgeschlossen durch den Todesfall, der uns vor 1 ½ Monaten getroffen hat. Die Kinder sind noch immer traumatisiert durch den Tod einer ihrer Schwestern und ein Kinder-Psychologe gab mir den Rat, ein Ritual zu organisieren, das helfen kann, diesen Schock zu überwinden und wieder ein normales Leben aufzunehmen. Entsprechend dem afrikanischen Brauch von 40 Trauertagen habe ich die Zeit des Prüfungsendes des ersten Semesters genutzt um eine Zeremonie zu organisieren, die aus Gebeten und einem gemeinsamen Essen bestand, wo die Waisenkinder ihre Lebensfreude und das Lächeln wieder finden konnten.

Es ist nun schon Februar und ich beeile mich Ihnen den Rechenschaftsbericht für das Jahr 2015 für das Waisenhaus „Lasst uns die verlassenen Kinder retten“ in Matadi zu schicken. Das Jahr ist ja schon seit 1 ½ Monaten vorbei. Hier die Zusammenfassung der verschiedenen
Punkte seiner Abläufe.

Die Bewohner des Waisenhauses

Ich muss gestehen, dass wir im Laufe des Jahres 2015 einen Neuzugang hatten, den kleinen Benoit, elternlos, den uns die Gemeinde Matadi im Oktober 2015 gebracht hatte mit Kwashiorkor (Mangelernährungserkrankung mit Hungerödemen) und völlig unterernährt. Wir mussten alles Erdenkliche aufbieten, um ihm seinen Lebensmut wiederzugeben. Wir mussten ihn mit Soja und anderen proteinhaltigen Lebensmitteln ernähren. Jetzt ist sein Bauch nicht mehr aufgebläht und das ist ein gutes Zeichen.

Ich muss Ihnen auch von drei Geschwistern berichten. Sie hatten schon die Mutter verloren. Ihr Vater wurde im März 2015 verhaftete, weil er gegen das hiesige Regime war. Er wurde so lange gefoltert bis er im November 2015 starb. Wir wollten die Kinder in die Abläufe des Waisenhauses einbinden um ihnen zu helfen, ihre Universitätsausbildung zu beenden und zu verhindern, dass sie den Weg in die Prostitution oder die Jugendkriminalität nehmen. Sie kommen also zu den 6 anderen Studenten hinzu, die wir bereits an der Universität haben.

Insgesamt hatten wir im vergangenen Jahr bei den Kindern viele gesundheitliche Probleme
gehabt. Es gab mindestens 5 erstzunehmende chirurgische Eingriffe, die mir manchmal ziemlich Angst gemacht haben. Die letzte Operation war letzte Woche bei einem kleinen Jungen von 7 Jahren, das einen Bandscheibenvorfall hatte. Gottseidank konnte der Arzt die Krankheit rechtzeitig erkennen und so Schlimmeres vermeiden. Er hat die Clinique la Patience erst am 8.Februar verlassen.

Bei dem kleinen Job-Francois geht es immer noch auf und ab mit seiner sich wiederholenden
Bronchitis. Wir müssen täglich seine Ernährung und seine Kleidung kontrollieren um das Schlimmste zu verhindern.

Ein anderer Fall, von dem ich Ihnen schon im Zwischenbericht erzählt hatte, betrifft Niciele, die die Oberschule beendet hat. Wir haben alles Mögliche in die Wege geleitet um ihr zu helfen, ihr Studium an der Universität in Kinshasa aufzunehmen, nachdem sie das Abitur bestanden hatte. Ich konnte für sie ein Haus mieten zusammen mit der anderen Waisen Mamick, die schon Jura in Kinshasa studiert. Wir hatten auch ihren Koffer gepackt und ihre Aussteuer, aber in letzter Minute hat sie uns gesagt, dass sie sich ernsthaft verliebt hat und lieber eine Familie gründen wollte anstatt zu studieren. Ich finde sie persönlich zu jung um eine solche Entscheidung zu treffen, aber ich kann sie nicht gegen ihren Willen zwingen.
Außerdem habe ich sie aufgefordert als getaufte Christin zu heiraten.

Der unglücklichste Fall ist der Tod der kleinen Deborah, der uns untröstlich zurücklässt.

Zusammen mit der Ankunft des kleinen Benoit und den drei Kindern, deren Vater im Gefängnis vom Regime ermordet wurde, und dem Auszug von Niciela aus dem Waisenhaus, sowie dem traurigen Tod von Deborah beläuft sich die Zahl der Kinder im Waisenhaus gegenwärtig auf 41 Mädchen und 43 Jungen.

Geistliche und kulturelle Einbettung der Kinder
 
In der moralisch schwierigen Lage unseres Volkes würde unsere Einbettungsversuche keine Früchte tragen, wenn wir der intellektuellen Bildung, die die Kinder in der Schule erhalten, keine besondere Ausbildung des Glaubens  zukommen lassen würden. Wir organisieren weiterhin Gebete zuhause und nehmen sie sonntags in die Messe der Pfarrgemeinde mit und machen sie mit anderen christlichen Sakramenten vertraut. Ende Mai 2015 haben 6 Waisen das Sakrament der Firmung erhalten. Die anderen singen weiterhin im Kinder-Kirchenchor mit, sind Messdiener und nehmen an anderen Aktivitäten der Gemeinde teil, wie beispielsweise Gemeindewallfahrten, Ferienlager, wie dem in den letzten Weihnachts-ferien.
 
Was die kulturelle Bildung betrifft, so versuchen wir ihnen eine möglichst große zukommen zu lassen. Abbé Germain hat uns dieses Jahr ein weiteres Paket mit Kinderbüchern geschickt und wir versuchen, sie ans Lesen heranzuführen mit Hilfe von Comics für die Kleinsten und klassischen Romanen für die Großen. Jeder Mittwochabend ist ein „Abend der Kultur“, wo jedes Kind 5 Minuten lang über sein Buch berichtet. Das funktioniert gut und es gefällt den Kindern sehr gut.
[...]
 
Dies also, Herr Kurt, ist die allgemeine Lage im Waisenhaus “Sauvons les Enfants Abandonnés“, wie wir sie im vergangenen Jahr 2015 erlebt haben. Im Vergleich mit anderen Jahren muss ich gestehen, dass dieses Jahr im Hinblick auf meine Gesundheit und die vieler Kinder eine Herausforderung war. Aber als Christen leben wir von der Hoffnung. Wir wünschen uns, dass dieses Jahr 2016, selbst wenn es uns ein liebgewonnenes Kind entrissen hat, besser und voll göttlicher Gnade sein möge.
 
Wir können diesen Bericht nicht beenden ohne Ihnen einmal mehr im Namen der Waisen, die Sie wie einen Vater lieben, all unsere Dankbarkeit auszusprechen, Ihnen , Ihrer liebe Frau, dem Pfarrer der Gemeinde Heilig Geist und allen großzügigen Spendern, die keine Opfer scheuen um das Aufwachsen der Kinder und eine bessere Zukunft  mitten in Afrika
Zu ermöglichen. Ihnen allen sage ich aus tiefstem Herzen Dank und ich wünsche Ihnen eine fruchtbringende Fastenzeit, die gestern Abend begonnen hat.
 
Abbé Jean Lufuende/ Verwalter

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Brief aus Matadi von Abbé Jean Lufuende (Verwalter des Waisenhauses) Oktober 2015

Mein lieber Herr Kurt

Wir haben schon seit Ende Juni nichts mehr von uns hören lassen und ich muss mich dafür zunächst sehr entschuldigen. Dieses lange Schweigen lag nicht an meinem fehlenden guten Willen. Wie ich Abbé Germain schon mitgeteilt hatte, muss ich mich seit 2 Jahren immer wieder Chemotherapien unterziehen. […]

Während dieses ganzen Kreuzwegs, den ich durchquert habe, haben sich meine beiden Mitarbeiter im Waisenhaus „Lasst uns die verlassenen Kinder retten“ gut geschlagen. Wir waren immer in Verbindung und jede Woche kam einer von Ihnen um mir zu berichten und um zu sehen, wie man die verschiedenen Probleme lösen konnte, die mit dem Leben und der Versorgung der Kinder zusammenhingen. Aber leider konnte ich Euch noch nicht schreiben. Das ist der Grund für mein langes Schweigen.

Um zu den Kindern zurückzukommen: Die Zahl im Waisenhaus bleibt in diesem Kirchenjahr bei 82. Davon sind 43 Mädchen und 39 Jungen. Unter den Mädchen hat eines namens Niciela ihre Prüfung mit 53,7 % abgeschlossen und wir sind dabei für sie einen Platz an der Höheren Handelsschule zu organisieren, damit sie ihre Universitätsausbildung beginnen kann. Da sie das in Kinshasa macht, versuchen wir eine kleine Einzimmer-Wohnung für sie zu mieten. Niciela erhöht die Zahl unserer studierenden Waisenkinder auf 7 in diesem Studienjahr 2015/16.

Hinsichtlich ihrer Gesundheit geht es allen gut außer dem kleinen Job-Francois, der an chronischer Bronchitis leidet. Da es in der Trockenzeit kalt war, hat sich die Situation seit letzten Juli verschlimmert. Man hat uns empfohlen, einen Kardiologen zu konsultieren. Da der nicht die notwendigen Geräte hatte, wurde Job-Francois in ein Krankenhaus in der Hauptstadt verlegt, die besser ausgestattet sind. Meine Mitarbeiterin Mama Meketo hat mit ihm dort 2 Wochen verbracht für verschiedene Untersuchungen und wir warten noch auf die letzten Laborergebnisse, ehe wir eine wirksame Behandlung beginnen.

Wie ich Euch oben schon sagte, blieb die Kinderzahl des Waisenhauses unverändert. Wir halten die Anzahl des vergangenen Jahres und tragen damit dem schwierigen gesellschaftlichen und politischen Klima unseres Landes in diesem Jahr Rechnung. President Joseph Kabila, der sein Präsidentenamt im November aufgeben müsste, will die Macht nicht abgeben-und die Unsicherheit wird immer größer. Wir haben Sorge, dass die Situation ab nächsten Januar noch schlimmer werden könnte. Wir haben deshalb lieber die Anzahl der Kinder aufrecht erhalten, die wir jetzt schon betreuen. Von unseren 6 Studierenden sind vier beim ersten Anlauf durch die Semester-Prüfung gekommen, zwei haben Anfang Oktober 2015 den zweiten Durchgang gemacht. Sie warten noch auf das Ergebnis um zu wissen, ob sie in die nächste Klasse kommen. Aber nach ihren eigenen Angaben scheinen sie optimistisch zu sein.

Mitte August haben wir € 10.000.- erhalten. Dies hat es uns ermöglicht, den Schulbeginn im September 2015 gründlich vorzubereiten. Hier die Auflistung unserer Ausgaben:

Vorbereitung des Schulbeginns (die üblichen Dinge) 1125.-$
Kleidergeld (Schuluniformen und Schuhe) 3764.-$
Schulgeld für die Grundschule und die weiterführenden Schulen 3170.-$
Lebensmittel für das Waisenhaus 2276.-$
Wasserkosten 197.-$
Stromrechnung 214.-$
Personalkosten 600.-$

Wie Ihr bemerkt haben werdet, bedeutet die Organisation des Schulbeginns hohe Kosten. Im letzten September vielen große Ausgaben an für die üblichen Schulsachen (Schultaschen, Bücher,Hefte und Stifte); die Kleiderkosten für Schuluniformen, Schuhe und Strümpfe und dann noch die Schulgebühren für das erste Trimester, damit die Kinder nicht aus der Schule nach Hause geschickt werden.
Die Bezahlung der restlichen Schulgebühren haben wir erst einmal verschoben. Die restlichen Schulgebühren für die Schüler in den weiterführenden Schulen und die Studiengebühren an der Universität sowie die Unterstützung der Pflegefamilien werden bei anderer Gelegenheit erledigt werden.

Ich kann diesen Brief nicht beenden, ohne Ihnen, Herr kurt, und Ihrer liebenswerten Frau sowie allen unseren großzügigen Wohltätern im Namen der Waisenkinder unseren tief empfundenen Dank auszusprechen für alles, was Sie für diese Kinder tun, die von nichts anderem träumen als einmal auf eigenen Füßen stehen zu können.
Ich erbitte für Sie alle und Ihre Familien den Segen der Jungfrau Maria in diesem Marienmonat Oktober.
Ihr Abbé Jean Lufuende / Verwalter des Waisenhauses.